Programm Donnerstag, 01.11.2007

Vorträge

Dirk Revenstorf:
Jägerlatein oder Heuristik: erfolgreiche Hypno-Interventionen - Grammatik der Induktion am Beispiel einer hypnotisch begleiteten Selbstheilung

Hypnotherapie strebt die Heilung von psychischen und somatischen Leiden auf einer offensichtlichen Ebene an, die sie mit anderen Therapieansätzen teilt: Linderung der Schmerzen, Bewältigung der Angst, Vermehrung von Kompetenz u.a. In der Hypnotherapie wird darüber hinaus eine Vernetzung verschiedener Erfahrungsebenen angestrebt. Das wird in Ablenkung vom dominanten semantisch-logischen Verständnis der Situation in einem zweiten Verarbeitungsprozess möglich, der gleichzeitig abgekoppelt von der bewussten Verarbeitung abläuft und häufig vorläufig implizit bleibt. Vermutlich deshalb ist er besonders nützlich für die Heilung und wird durch einen Trancezustand ermöglicht, der eine ungestörte assoziative und dissoziative Veränderung des Problems zu erleichtert.

Ulrike Brandenburg:
Lustlosigkeit

Kaum etwas wird in der Sexualität so wenig hinterfragt, wie die Lust. Man hat sie einfach zu haben, sonst stimmt etwas nicht mit einem. "Ich bin völlig verzweifelt. Es passiert mir jetzt schon zum dritten Mal. Jedes Mal verliere ich ungefähr nach einem halben Jahr meine sexuelle Lust. Ich liebe diesen Mann. Ich will mit ihm zusammenbleiben. Ich will ihn nicht wieder deswegen verlieren.", so die Worte einer Patientin. "Sehnen Sie sich denn danach, lustvoll Sex zu machen? Sehnen Sie sich danach, lustvoll von ihm gestreichelt zu werden, oder lustvoll mit ihm zu schlafen, oder lustvoll einander zu küssen?", fragt die Therapeutin. Die Patientin stutzt und erwidert dann: "Das weiß ich eigentlich gar nicht. Ich glaube, das ist nicht mein Problem. Mein Problem ist, dass ich mich, weil ich eben keine sexuelle Lust habe, wie gestört fühle und eben so, als wäre ich nicht okay. Das macht mich aggressiv. Ich ziehe mich von meinem Mann zurück. Wir werden immer gereizter. Ich habe Angst um unsere Liebe. Ja, und dann dieses Warten darauf, dass endlich Lust kommt. Das alles macht mich verrückt und verzweifelt.", so die Patientin.
Geht es also wirklich um sexuelle Lust oder vielleicht vielmehr um die Bedeutung von sexueller Lust? Die Bedeutung wiegt schwer und sagt: "Wer Lust aufeinander hat, der liebt sich. Wer Lust aufeinander hat, der findet sich attraktiv. Wer Lust aufeinander hat, ist ein normales Paar." Der Umkehrschluss liegt auf der Hand. Wer keine Lust aufeinander hat, liebt sich nicht oder findet sich nicht attraktiv und ist auf alle Fälle kein normales Paar. Also warten alle auf Lust. Das aber scheint genau die richtige Strategie zu sein, die Lust zu verhindern. Außerdem ist es öde, anstrengend und frustrierend. Vielleicht gehen deswegen mittlerweile so viele Frauen und immer mehr Männer der sexuellen Lust aus dem Wege.
Dabei gibt es andere Möglichkeiten. Braucht es denn eigentlich wirklich immer Lust, um sexuell aktiv zu werden? Ist nicht möglicherweise die Annahme, dass sexuelle Lust immer die Voraussetzung für sexuelle Aktivität sein muss, ein Trugschluss? Und vielleicht noch viel mehr, nämlich eine Paar-Falle? Lässt sich Lust nicht womöglich einfach gestalten, konstruieren? Moderne sexualtherapeutische Behandlungskonzepte weisen deutlich darauf hin. Und wenn ja, warum sind wir denn eigentlich strategisch so äußerst potent darin, dafür zu sorgen, dass keine sexuelle Lust zwischen uns und unserem Partner entsteht? Und welche sind überhaupt diese persönlichen sicheren Lustvermeidungsstrategien? Und was würde es überhaupt für uns bedeuten, wenn wir plötzlich alle wieder Lust hätten?

Workshops

Dirk Revenstorf:
Liebe und persönliches Wachstum

Paartherapie unterscheidet sich von der individuellen Therapie dadurch, dass sie systemische Aspekte berücksichtigt und von der Familientherapie dadurch, dass sie ein Subsystem betrachtet, das durch Partnerwahl entstanden ist. Die Paarbeziehung bestand bereits vor den Kindern und dauert oft länger an, als diese im Hause sind. Ein Paar bildet daher eine relativ geschlossene Einheit. Die gegenseitige Attraktion geht auf verwandte Aspekte der Biografien zurück und bildet zugleich den Keim zu Konflikten. In der Analyse wird der implizite Beziehungs-Kontrakt aufgedeckt, der ein gemeinsames Thema beinhaltet, das die Partner in komplementärer Weise zu lösen versuchen (Affektverschränkung). Diese Passung enthält eine Chance, liegen gebliebene Entwicklungsaufgaben zu bearbeiten und dadurch die Liebe wachsen zu lassen. Um die Passung der Partnerwahl transparent zu machen, werden nonverbale Methoden der Körper- und Gestalttherapie verwendet und Aspekte der Kommunikation und der Sexualität systemisch und verhaltenstherapeutisch bearbeitet. Der Kurs baut sich aus inhaltlichen Einheiten auf, die jeweils aus Erläuterung, Demonstration, praktischer Einübung als Therapeut und Selbsterfahrung in simulierten Paarkonflikten bestehen.

Literatur:
Bader, E. & Pearson, P.T. (1988). The quest of the mythical mate.
N.Y.: Bruner & Mazel.
Jacobson, N. & Gurman, S.(1995). Clinical handbook of marital therapy. Bruner & Mazel.
Kaiser, P. (2000). Partnerwahl und Partnerschaft. Göttingen: Hogrefe.
Revenstorf, D.(1999) Wenn das Glück zum Unglück wird. München: Beck.
Schindler, L. Hahlweg, K. & Revenstorf, D. (1998). Partnerschaftsproblem; Möglichkeiten der Bewältigung. Heidelberg: Springer.
Schnarch, D. (1997). Passionate Marriage. New York: Owl book.

Manfred Prior:
Einführung in die Erickson’sche Hypnose

Ziel des Workshops ist es, den Teilnehmern ein klares Verständnis von Erickson’scher Hypnotherapie zu vermitteln. Sie können erfahren, was eine therapeutische Trance charakterisiert und welche die wichtigsten Möglichkeiten sind, therapeutische Trancezustände zu fördern. Besonderer Wert wird dabei auf die kooperative und partnerschaftliche Beziehungsgestaltung zwischen Therapeut(in) und Patient(in) gelegt.

Ulrike Brandenburg:
Sexualität – Ein Tabu in der therapeutischen Beziehung?

Obwohl Sexualität immer öffentlicher wird, bleibt die private Sexualität oft auf der Strecke – und das erst recht, wenn sie problembehaftet ist. Nach wie vor geben Paare an, über sexuelle Wünsche wie auch Nöte so gut wie nicht mit dem Partner kommunizieren zu können. Aber nicht nur unter Paaren bleibt Sexualität in der kommunikativen Tabuzone, sondern auch im medizinischen/psychotherapeutischen Alltag. Wem das Sprechen über Sexualität schwerer fällt – den Betroffenen oder uns ExpertInnen – bleibt oft unklar. Klar dagegen ist, dass sexuelle Probleme auf ExpertInnenseite gern überhört, bagatellisiert oder verschoben werden. Diese Hilflosigkeit auf beiden Seiten führt nicht selten zur Chronifizierung von sexuellen Störungen, die, wenn sie frühzeitig erkannt worden wären, zum Teil einfach behandelbar gewesen wären.

Ziel dieses Workshops ist es, ein Bewusstsein bezüglich dieses tabuisierten Umgangs mit Sexualität in der therapeutischen Beziehung zu vermitteln. Daneben soll ein erster Einstieg in das „Sprechen über sexuelle Probleme“ geübt werden. Auch wird ein Überblick über die Diagnostik sexueller Störungen gegeben.

Stephan Theiling:
Was rumpeln die Ahnen da herum? - Unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten der Genogrammarbeit

Der Dozent des Genogramm-Workshops arbeitet u. a. als Systemsicher Familientherapeut in eigener Praxis sowohl mit Erwachsenen als auch mit Kindern- und Jugendlichen. Im Rahmen dieses Tagesseminars sollen verschiedene Anwendungsmöglichkeiten von Genogrammarbeit (z.B. als Einstieg- und Joiningmethode in einem Familiengespräch, als Anamnesemethode, als therapeutische Methode sich einem Thema zu nähern, als Rekonstruktion von Zusammenhängen) in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen wie auch mit Erwachsenen vorgestellt werden. Dabei wird in die Haltung des systemischen Denkens und dazugehörige systemische Begrifflichkeiten eingeführt. Besonderen Wert soll auf die Integration dieser Herangehensweise in unterschiedliche therapeutischen Richtungen und Settings gelegt werden. Interessante Fragen in der „Rumpelarbeit“ könnten sein: Wer hat welchen Platz? Welche Atmosphäre/Klima charakterisiert das System? Welche wichtigen Lebensereignisse/Delegationen gab und gibt es? In welchem familiären Lebenszyklus befindet sich die Gemeinschaft? Wie ist die Mehrgenerationen- oder Geschlechtsperspektive zu diesem oder jenen Thema? Welche Ressourcen und Kräfte gibt es?
Der Workshop richtet sich an alle, die Lust und Spaß haben, Genogrammarbeit für sich (wieder) zu entdecken  und die Bereitschaft mitbringen, sich selber auch über praktisches Tun (z.B. Erstellung eines Genogramms) einzubringen und zu erfahren.

Jörg von der Laage:
Suizidprophylaxe

Der Workshop behandelt Krisensituationen (traumatische und Veränderungskrise) als mögliche Auslöser für akute Suizidalität, informiert über das präsuizidale Syndrom, die suizidale Entwicklung und die Einschätzung akuter Suizidalität. Im Therapeutenmodell und in Kleingruppen sollen das Ansprechen der Suizidalität und die Kriterien eines "Non-Suizidvertrages" erarbeitet und geübt werden.

Barbara Schlup:
Behandlung von Angststörungen im Kindes- und Jugendalter

Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen des Kindes- und Jugendalters. Der Workshop vermittelt einen Überblick über das klinische Erscheinungsbild, die Klassifikation, Epidemiologie, Ätiologie und Therapie von Angststörungen bei Kindern und Jugendlichen. Anhand von Fallbeispielen werden Anregungen für die Umsetzung in der klinischen Praxis gegeben. Am Beispiel einer familienbasierten Verhaltenstherapie zur Behandlung der Trennungsangst werden verhaltenstherapeutische Methoden vorgestellt und in Kleingruppen eingeübt.
Der Workshop richtet sich an Teilnehmer/innen mit und ohne Berufserfahrung, die ihr Wissen zu Angststörungen im Kindes- und Jugendalter vertiefen möchten. Teilnehmer/innen mit Berufserfahrung haben im Kurs die Möglichkeit, die Umsetzung der verhaltenstherapeutischen Fertigkeiten einzuüben und zu verfestigen.

Programm Freitag, 02.11.2007

Vorträge

Nossrat Peseschkian:
Positive Psychotherapie – Antwort auf die Frage der Globalisierung und Radikalisierung unter Einbeziehung von Geschichten und Lebensweisheiten - Auf der Suche nach dem Sinn des Lebens in verschiedenen Kulturen

Ziel dieser Veranstaltung ist es, ein Modell zu erarbeiten, das als orientierende und strukturierende Hilfe dabei dienen soll, eine Gesamtdiagnose für einen Patienten zu finden, d.h. eine Diagnose, die sowohl das Symptom und seine Ursachen erfasst als auch die mittelbaren Ursachen, die sich aus Lebenssituation, Umwelt, Familie, Subkultur und Kultur ergeben. Darüber hinaus muss dieses Modell die gesunden Anteile aufzeigen können, aus denen die Ressourcen für eine Heilung bzw. die Fähigkeiten und Energien für das Umgehen mit der Krankheit und veränderten Lebenssituation hervorgehen. Diese Veranstaltung ist nicht nur eine Informationsquelle, sondern eine Oase der Entspannung.

Manfred Döpfner:
ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen

Der Vortrag gibt zunächst einen Überblick über die Symptomatik, Ätiologie und den Verlauf von hyperkinetischen Störungen (HKS) bzw. Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Danach werden diagnostische Strategien und differenzialdiagnostische Gesichtspunkte erörtert und die verschiedenen pharmako- und psychotherapeutischen Zugänge im Rahmen einer multimodalen Therapie dargestellt. Exemplarisch wird das Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP) vorgestellt.

Literatur:
Döpfner, M., Schürmann. S., Frölich, J. (2002). Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten, THOP (3. vollständig überarbeitete Auflage). Weinheim: Psychologie Verlags Union.
Döpfner, M., Schürmann. S. & Lehmkuhl, G. (2000). Wackelpeter & Trotzkopf. 2. überarbeitete Auflage. Weinheim: Psychologie Verlags Union.
Döpfner, M., Frölich, J. & Lehmkuhl, G. (2000). Hyperkinetische Störungen. Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie, Band 1. Göttingen: Hogrefe.

Wir entschuldigen uns bei denjenigen, die nach der Ankündigung in unserer Broschüre einen Forschungsbericht zu einem Fertigkeitentraining für Erwachsene erwarten: Wir waren bis Redaktionsschluss einer falschen Meldung im Internet erlegen. Zur Therapie bei Erwachsenen mit ADHS wird Herr Döpfner jedoch berichten.

Workshops

Tanja Legenbauer:
Körperbildtherapie bei Essstörungen

Zunächst wird auf die Definition des Begriffes Körperbildstörung bzw. negatives Körperbild eingegangen und mit den TeilnehmerInnen eingeübt, wie Sie diese Informationen PatientInnen mit Essstörungen vermitteln können. Zusätzlich soll das Vorgehen anhand eines Fallbeispiels demonstriert werden. Im Anschluss daran sollen - bezugnehmend auf theoretische Modelle zur Entstehung des negativen Körperbildes - zugrunde liegende dysfunktionale Annahmen und automatische Gedanken herausgearbeitet werden. In Rollenspielen soll den TeilnehmerInnen vermittelt werden, wie diese Kognitionen erfragt und verändert werden. Im Anschluss daran wird sich der Darstellung und Einübung verschiedener Konfrontationstechniken gewidmet. Zunächst werden dazu theoretische Grundlagen zur Durchführung von Expositionen vermittelt. Danach soll mit den TeilnehmerInnen in Kleingruppenarbeit zunächst die Spiegelkonfrontation, dann die Videokonfrontation eingeübt werden. Anhand eines Fallbeispiels (ggf. Video) wird dann auf das Vorgehen und mögliche Schwierigkeiten und Fehler bei der Durchführung von Konfrontationsübungen eingegangen. Abschließend werden Elemente zum Abbau des körperbezogenen Vermeidungs- und Kontrollverhaltens und Aufbau positiver körperbezogener Aktivitäten vorgestellt und in Rollenspielen und Kleingruppenarbeit in der praktischen Durchführung eingeübt.

Klaus-Dieter Dohne:
Was haben Familienaufstellung, Hypnotherapie, systemische Therapie und VT gemeinsam, wenn sie wirksam intervenieren?

Gern werden die Unterschiede zwischen den Therapieschulen betont und Abgrenzungen vorgenommen. Was unter Wettbewerbs- und Marktanteilsgesichtspunkten nützlich scheint, muss in der konkreten praktischen Arbeit nicht förderlich sein und so nicht stimmen. Unterstellt man, dass alle Therapeuten, egal welcher Schule sie sich zugehörig fühlen, ein großes intuitives und explizites Wissen darüber haben, was sinnvoll ist und wirkt, dann wollen wir in diesem Workshop uns den gemeinsamen Wirkmechanismen widmen.
Die mit den neuen bildgebenden Verfahren gewonnenen Hirnforschungsergebnisse zeigen die Bedeutsamkeit des Frontalhirnes als Metabewertungsinstanz. Durch Sprache und Beziehungsgestaltung können wir diese höheren exekutiven Prozesse fördern oder blockieren. Ausgehend von der Funktionsweise des Gehirns werden wir ganz praktisch ausprobieren, welche therapeutischen Strategien dazu nützlich sind - egal wie sie bisher genannt wurden.

Siegfried Gauggel:
Neuropsychologie für Psychotherapeuten

In den Neurowissenschaften und insbesondere der Neuropsychologie wurden in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Erkenntnissen über den Zusammenhang zwischen dem Erleben/Verhalten und den Strukturen des Gehirns gewonnen.
Diese Erkenntnisse haben mittelbar auch Auswirkungen auf das Verständnis und die Therapie psychischer Störungen. In diesem Workshop wird den Teilnehmern ein Überblick über aktuelle Entwicklungen in den Neurowissenschaften und die dabei eingesetzten Methoden gegeben. Sie sollen darüber hinaus wichtige neuropsychologische Störungsbilder sowie die Grundzüge der neuropsychologischen Diagnostik und Therapie kennen lernen. Dabei werden einerseits die Grenzen des neurowissenschaftlichen Forschungsansatzes ausgeleuchtet, auf der anderen Seite die Möglichkeiten einer Neuropsychotherapie diskutiert. Besondere Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.

Almut Grosse-Parfuß:
Körpersprache – Den Körper beseelen, die Seele verkörpern

Für viele Menschen ist die Arbeit mit dem Körper die einzige Möglichkeit, Zugang zum eigenen Erleben zu finden. Beispielsweise können leicht in den Alltag integrierbare sanfte Ausdrucksübungen den wechselseitigen Einfluss der Körperhaltung auf Stimmung und Gefühle deutlich machen, während Stressübungen dabei helfen, dass die mithilfe von Körperspannungen meist seit der Kindheit unterdrückten Gefühle wieder einen Ausdruck finden können und sich damit auch die körperlich-seelischen Blockaden erübrigen. Im Workshop erhalten Sie selbst Gelegenheit auszuprobieren, welche Vertiefung der Erfahrungen die Einbeziehung des Körpers im therapeutischen Prozess bringt. Dabei lernen Sie Übungen zu Körperlesen, Low- und High- Energy-Arbeit und zur Verkörperung von Übertragung kennen und bekommen Anregungen, wie sich die tiefenpsychologisch fundierte Körperpsychotherapie in die Einzel- und Gruppenarbeit verbaler Therapieformen sinnvoll integrieren lässt.

Nossrat Peseschkian:
Positiver Umgang mit Angst, Depression, Verlust, Trauer und Tod in verschiedenen Kulturen – 5-stufige Trauerarbeit  „Oh Herr! Sorge dafür, dass wir alle in den Himmel kommen, aber bitte nicht sofort.“ 

Die zeitliche Begrenztheit des Lebens auf Erden hat den Menschen zu allen Zeiten und in allen Kulturen Angst bereitet. Viele Menschen meiden alles, was mit dem Verlust und Tod zusammenhängt. Sie wollen es aus ihrem Bewusstsein bannen. Eine abnorme Trauerreaktion kann sich beim Verlust und Tod eines Angehörigen einstellen, sie kann aber auch erst nach geraumer Zeit auftreten. Übergroße Trauer übersteigt oftmals die Leidensfähigkeit einer Person.   
Die Einstellung zu Verlust und Tod hängt von zahlreichen Faktoren ab: von Erziehung, Tradition, Religion, Gesellschaft und den eigenen Lebenserfahrungen.
Ziel dieser Veranstaltung ist es, auf die Bedeutung der Trauerarbeit hinzuweisen: für die psychische und körperliche Gesundheit; für den Beruf; für die Familie; für die Mitmenschen; und für die Zukunft, die auch Fragen nach dem Weltfrieden, dem Sinn des Lebens und dem Leben nach dem Tode umfasst.

Dirk Revenstorf:
Liebe und persönliches Wachstum

Paartherapie unterscheidet sich von der individuellen Therapie dadurch, dass sie systemische Aspekte berücksichtigt und von der Familientherapie dadurch, dass sie ein Subsystem betrachtet, das durch Partnerwahl entstanden ist. Die Paarbeziehung bestand bereits vor den Kindern und dauert oft länger an, als diese im Hause sind. Ein Paar bildet daher eine relativ geschlossene Einheit. Die gegenseitige Attraktion geht auf verwandte Aspekte der Biografien zurück und bildet zugleich den Keim zu Konflikten. In der Analyse wird der implizite Beziehungs-Kontrakt aufgedeckt, der ein gemeinsames Thema beinhaltet, das die Partner in komplementärer Weise zu lösen versuchen (Affektverschränkung). Diese Passung enthält eine Chance, liegen gebliebene Entwicklungsaufgaben zu bearbeiten und dadurch die Liebe wachsen zu lassen. Um die Passung der Partnerwahl transparent zu machen, werden nonverbale Methoden der Körper- und Gestalttherapie verwendet und Aspekte der Kommunikation und der Sexualität systemisch und verhaltenstherapeutisch bearbeitet. Der Kurs baut sich aus inhaltlichen Einheiten auf, die jeweils aus Erläuterung, Demonstration, praktischer Einübung als Therapeut und Selbsterfahrung in simulierten Paarkonflikten bestehen.

Literatur:
Bader, E. & Pearson, P.T. (1988). The quest of the mythical mate. N.Y.: Bruner & Mazel.
Jacobson, N. & Gurman, S. (1995). Clinical handbook of marital therapy. Bruner & Mazel.
Kaiser, P. (2000). Partnerwahl und Partnerschaft. Göttingen: Hogrefe.
Revenstorf, D. (1999) Wenn das Glück zum Unglück wird. München: Beck.
Schindler, L. Hahlweg, K. & Revenstorf, D. (1998). Partnerschaftsproblem; Möglichkeiten der Bewältigung. Heidelberg: Springer.
Schnarch, D. (1997). Passionate Marriage. New York: Owl book.

Programm Samstag, 03.11.2007

Vorträge

Michael Linden:
Die Posttraumatische Verbitterungsstörung

Erkrankungen aus der Gruppe der Belastungsreaktionen und Anpassungsstörungen (ICD-10, F43) gehören zu den eher unpräzise definierten psychischen Störungen, wenn man einmal von der PTSD absieht. Eine häufige und abgrenzbare Unterform der Reaktion auf belastende Lebensereignisse sind protrahierte Verbitterungsaffekte, die in der wissenschaftlichen Forschung bislang jedoch wenig Aufmerksamkeit gefunden haben. Verbitterungsstörungen können in der Folge einer großen Zahl unterschiedlicher Lebensereignisse auftreten, wobei wahrscheinlich der gemeinsame Nenner dieser Lebensbelastungen die Verletzung sog. „zentraler Grundannahmen (basic beliefs)“ ist. Diagnostisch können sie als Posttraumatische Verbitterungsstörung (Posttraumatic Embitterment Disorder = PTED) zusammengefasst werden. Die PTED ist gekennzeichnet durch Intrusionen, Hyperarousal, Herabgestimmtheit, Vermeidung und als Leitaffekt Verbitterung und Aggression. Diese Störungen erweisen sich als schwer zu behandeln. Differenzialdiagnostisch gibt es klare Abgrenzungen zwischen PTED einerseits und Angststörungen, Depressionen oder Persönlichkeitsstörungen andererseits. Der Leitaffekt der Verbitterung führt oft zu einer Ablehnung und Abwertung therapeutischer Hilfsangebote. Eine Behandlung kann nur erfolgreich sein, wenn die posttraumatische Natur der Störung berücksichtigt wird.

Literatur: Linden, M. et al. (2007). Posttraumatic Embitterment Disorder. Bern: Hogrefe.

Gunther Schmidt:
Du hast keine Chance – nutze sie! Einzigartige Lösungen für einzigartige KlientInnen in einzigartigen Kontexten: hypno-systemische Therapie- und Beratungsstrategien für schwierige Auftragskonstellationen

Aus hypnosystemischer Sicht kann jedes Phänomen in seiner Bedeutung und Wirkung nur verstanden werden, wenn man seinen Kontext einbezieht. Und, aufbauend auch auf der Autopoiesie-Theorie, der modernen Hirnforschung und der Heisenberg’schen Unschärferelation, geht man davon aus, dass kein Mensch je erkennen kann, wie ein System „wirklich“ (d.h. tatsächlich, objektiv) „ist“. Dementsprechend kann auch niemand „sehen, was ist“, sondern immer nur, was er eben selbstorganisiert als Bilder in sich „hochrechnet“.

Wenn Menschen in Therapie- und Beratungskontexte kommen, werden sie, ob gewollt oder nicht, massiv durch die Bedingungen dieses Kontextes beeinflusst. Die Wahrnehmung sowohl von KlientInnen als auch von TherapeutInnen/BeraterInnen, ebenso die Wirkung von Interventionen hängt stark davon ab, ob dieser Kontext als würdigend, sinnvoll, sicher und auch als zieldienlich erlebt wird.

Häufig wirken auf Therapie-/Beratungskontakte aber Fremdeinflüsse ein (Therapie/Beratung als Auflage, oder verbunden mit Pathologie- und Defizitbeschreibungen der KlientInnen, die diese nicht teilen und durch die sich entwertet fühlen etc.). Dann wird die Zusammenarbeit für beide Seiten zur Zwickmühle, TherapeutInnen geraten unter Stress, KlientInnen wehren ab. Oder die KlientInnen streben Ziele an, die aus Sicht der TherapeutInnen nicht erreichbar sind. Auch dies mündet in Zwickmühlen für beide Seiten ein.

Im Vortrag wird gezeigt, wie mit diversen Kommunikationsstrategien (z.B. transparenter Meta-Kommunikation) und spezifischen Modellen, mit denen Zwickmühlen optimal aufgelöst und genutzt werden können, auch aus solchen schwierigen Startbedingungen zieldienliche und dabei die Autonomie der KlientInnen achtende Lösungen entwickelt werden können und wie dabei auch für einen guten Arbeits-„Flow“ von TherapeutInnen/BeraterInnen gesorgt werden kann.

 

Workshops

Dieter Wälte:
Methoden und Techniken der kognitiven Umstrukturierung

Methoden und Techniken der kognitiven Umstrukturierung gehören zu den bestuntersuchten und effektivsten psychotherapeutischen Interventionen für ein breites Spektrum von psychischen Störungen. Neue Impulse für die Praxis ergeben sich aus neurobiologischen und kognitionswissenschaftlichen Forschungsergebnissen, die zu einer Fortentwicklung und weiteren Fundierung beitragen. Insbesondere vor dem Hintergrund aktueller Befunde der Neurobiologie stellt sich die Frage, welche Bedeutung kognitive Umstrukturierungen durch Einsicht haben. Ergebnisse aus der Grundlagenpsychologie liefern den Schlüssel dafür, dass kognitive Umstrukturierungen besonders effektiv sind, wenn die implizite und explizite Informationsverarbeitung bei psychischen Störungen berücksichtigt wird.
Neben den traditionellen Techniken wird den Teilnehmern ein umfassender Überblick über aktuelle Methoden und Techniken der kognitiven Umstrukturierung gegeben. Diese werden am Beispiel spezifischer Störungsbilder intensiv eingeübt: Analyse der Erwartungen, Dosierung der Psychoedukation, Sokratischer Dialog, Selbstinstruktion, Selbstkontrolle, Spaltentechniken, Modifikation der Selbstreferentialität, Modifikation des episodischen Gedächtnis,  Priming, Umstrukturierung des prozeduralen Gedächtnis u.a.
Am Ende des Workshops wird der Teilnehmer einen praxisorientierten Leitfaden zur kognitiven Umstrukturierung nach einem 4-Stufen-Plan in den Händen halten.

Michael Linden:
Weisheitstherapie

Negative Lebensereignisse wie Krankheit, Tod eines lieben Menschen, familiäre Auseinandersetzungen, finanzielle Verluste, berufliches Scheitern oder soziale Unterlegenheit gehören zu den typischen Lebenserfahrungen eines jeden Menschen. Sie führen nicht zu psychischer Krankheit, da Menschen gegen solche Erfahrungen widerstandsfähig sind. Eine psychologische Eigenschaft, die hilft, Unabänderliches konstruktiv zu verarbeiten, ist Weisheit. Die Weisheitspsychologie ist eine vergleichsweise neue Forschungsrichtung, die Weisheit definiert als Expertise im Umgang mit uneindeutigen und schwierigen Lebenssituationen. Es gibt empirische Hinweise, dass negative Lebensereignisse, insbesondere wenn sie zu Verbitterungsreaktionen führen, Weisheitskompetenzen blockieren können, was zu einem Teufelskreis und zu Chronifizierung führt. Da es aus der Grundlagenforschung Hinweise gab, dass Weisheit, ähnlich wie Selbstsicherheit, zu lehren und zu trainieren ist, wurde in den letzten Jahren die Weisheitstherapie entwickelt. Sie ist eine Form der kognitiven Verhaltenstherapie mit speziellen weisheitsaktivierenden Strategien, die abzielen auf eine Förderung von Perspektivwechsel, Selbstdistanz, Empathie, Emotionswahrnehmung und Emotionsakzeptanz, emotionale Serenität und Humor, Fakten- und Problemlösewissen, Kontextualismus, Wertrelativismus, Selbstrelativierung, Ungewissheitstoleranz, Nachhaltigkeit, Problem- und Anspruchsrelativierung.

Literatur:
Linden, M. et al.(2007). Posttraumatic Embitterment Disorder. Bern: Hogrefe.

Tilmann Moser:
Zum therapeutischen Umgang mit religiösen Störungen

Sicherlich sind Ihnen in Ihrer Arbeit schon Patienten begegnet, die noch heute unter den Folgen einer streng religiösen Erziehung leiden oder an Schuld- und Sinnfragen verzweifeln. Der Umgang mit religiösen Störungen wird in der Regel in der Therapieausbildung nicht gelehrt. Die meisten Psychotherapeuten müssen sich ihr Handwerkszeug mühsam zusammensuchen. Oft genug bleibt das Thema auch außerhalb der Supervisons- und Intervisionszirkel. An Fallbeispielen sollen Formen des therapeutischen Umgangs mit solchen Störungen diskutiert und das vorhandene Potenzial und die Kompetenz der Teilnehmer angeregt und integriert werden.

Jochen Peichl:
Die Nutzung der Ego-State-Therapie bei der Arbeit an Opfer- und Täterintrojekten

Es war Paul Federn, ein Schüler von Sigmund Freud, der ein Energiemodell vorschlug, das Ego-States (Ich-Zustände) innerhalb des Egos erfasste. John und Helen Watkins erweiterten das Konzept Paul Federns und seines Protegés Edoardo Weiss und schufen eine Form hypnoanalytischer Therapie, die heute als Ego-State-Therapie oder „Innere Kind-Arbeit“ bekannt ist. Die Watkins konzeptualisierten das Ego als einen Zustand, der aus mehreren Ego-Zuständen besteht, die voneinander durch mehr oder weniger durchlässige Grenzen getrennt werden. Für diese Trennung spielt die Dissoziation einen große Rolle, von der normalen Alltagsdissoziation bis hin zur pathologischen Dissoziation nach Traumaerfahrung. Jeder dieser Ego-States wird als anpassungsfähig und in einer Familie von Subselbsts existierend angesehen, die in einer funktionellen Weise handeln kann und, wie viele Familien, unterschiedliche Grade an Dysfunktion aufweisen kann. Gewöhnlich zeigt sich eine Pathologie dann, wenn Uneinigkeiten oder ein Mangel an Kooperation zwischen den Ego-States auftritt. Das Ziel der Ego-State-Therapie ist die Integration. Die „Innere Kind-Arbeit“ ist neben den imaginativen Methoden (Luise Reddemann) zur Stabilisierung von schwer gestörten komplextraumatisierten Patienten (früher als Frühstörung bezeichnet) eine sinnvolle Ergänzung in der Traumarbeit; sie kann aber auch zur eigentlichen aufdeckenden Therapie genutzt werden, z.B. zur Arbeit mit Täter- und Opferintrojekten auf der inneren Bühne. Ausgehend vom einfachen und normalen Modell der Introjektion bei der Bildung des Über-Ichs befasse ich mich mit der traumainduzierten Introjektion und ihrer Handhabung. Durch praktische Übungen und Live-Demonstrationen will ich die Theorievermittlung auflockern. Eigene Fallschilderungen durch die Teilnehmer zu dem Thema sind willkommen.

Matthias Berking:
Training emotionaler Kompetenzen - Vorstellung eines Therapie begleitenden Interventionsmoduls

Aktuelle Forschungsergebnisse weisen verstärkt darauf hin, welch bedeutsame Rolle ein dysfunktionaler Umgang mit negativen Gefühlen für die Entstehung und Aufrechterhaltung von psychischen Störungen spielt. Für die Behandlung psychischer Störungen heißt das, dass es ausgesprochen wichtig ist, Patienten in einem angemessenen Umgang mit diesen Gefühlen zu schulen. Vor diesem Hintergrund wurde auf der Grundlage aktueller Befunde von Psychologie und Neurowissenschaften an der Universität Bern das Training Emotionaler Kompetenzen (TEK) entwickelt. Es vermittelt Patienten zentrale Kompetenzen im Umgang mit Stress und negativen Emotionen. Ziel des Workshops ist es, die Teilnehmenden zum einen mit den im TEK vermittelten Kompetenzen und zum anderen mit den im TEK eingesetzten Motivierungsmethoden („neuropsychotherapeutisches Störungsmodell“, ressourcenaktivierendes Vorgehen, tägliche Übungs-Einladungen per SMS auf das Handy etc.) vertraut zu machen.

Rudolf Schmitt:
Einführung in die systematische Metaphernanalyse

Rudolf Schmitt erzählt von einem Erlebnis in einer Strafvollzugsanstalt: „In einer Sitzung war mir aufgefallen, dass ein bisheriger Teilnehmer fehlte; ich erhielt auf meine Frage, ob jemand wüsste, warum er fehle, zunächst ein längeres Schweigen. Dann kam die Antwort: Er sei ein Lampenbauer gewesen. Alle im Raum wussten Bescheid – bis auf mich, den Psychologen.“
Unsere Sprache ist durchsetzt mit Metaphern, wir verstehen – und missverstehen andere Menschen, indem wir ihre sprachlichen Bilder übersetzen. In stockenden und beiderseits frustrierenden Kommunikationsprozessen blockieren eventuell unterschiedliche Metaphern, die nicht zueinander kompatibel sind, die Verständigung. In der Therapie kann eine passende Metapher ebenso strukturierend das Gespräch beeinflussen wie das gemeinsame Aufspüren der Bedeutungen einer Metapher. Das Aufgreifen der Sprache des Patienten ermöglicht es, dessen Welt aus dem Innern der damit ausgedrückten Selbst- und Weltsicht zu verstehen. Daraus können Handlungsweisen entwickelt werden, die die Patientensicht der Welt nicht überfordern.
Der Workshop führt über einen kurzen Einblick in die Theorie der kognitiven Linguistik nach Lakoff und Johnson in die Metaphernforschung ein und erprobt ausschnitthaft eine davon abgeleitete Analysemethode von Gesprächstranskripten. Anwendungsmöglichkeiten zur Selbstreflexion, zur Supervision schwieriger Therapieverläufe und zur direkten Intervention schließen den Workshop ab. Auch wenn das praktische Üben nicht zu kurz kommen soll, ist ein weitgehendes theoretisches Interesse hilfreich für den Workshop.

Gunther Schmidt:
Wer sind wir, und wenn ja, wie viele? - Wie Individuen und Organisations-Systeme hypno-systemisch die unbewusste Weisheit des Organismus und seine schlummernden Lösungskompetenzen für Alltag, Beruf und für die gesunde Transformation von Symptomen nutzen können

Die vielfältigen Erfahrungen der Hypnotherapie, aber auch des sozialen Konstruktionismus und der modernen Hirnforschung zeigen eindeutig, dass wir alle als quasi multiple Persönlichkeiten beschrieben werden können, mit x verschiedenen Seiten, von denen wir uns mal mehr, mal weniger „beherrschen“ lassen. Je nach Kontext und Rolle und je nach innerer Fokussierung von Aufmerksamkeit verändern wir nicht nur blitzschnell unsere Stimmungen, sondern auch alle damit verbundenen körperlichen Prozesse bis hin zu Hormonregulierung und Gen-Expression. Erlebt jemand Leid oder Problemprozesse, drückt dies nicht aus, dass er/sie keine hilfreichen Fähigkeiten für eine konstruktive Lösung in sich tragen würde, sondern nur, dass diese Fähigkeiten im Moment dissoziiert sind, sehr wohl aber wieder reaktivierbar sind und mit den Situationen wirksam vernetzt werden können, in denen man sie braucht.Im Workshop werden viele Strategien vermittelt, wie man
  • Zugang aufbauen kann zu den jeweils hilfreichen Mustern und Seiten in sich;
  • den Einfluss ungünstig wirkender Seiten, mit denen man sich bisher „verwechselt“ hat, unterbrechen kann und dabei deren wichtige Bedürfnisse nutzen kann (sogar auch solcher, die jemand als Folge von massiven Traumatisierungen als „flash backs“ heimsuchen);
  • zieldienlich jeweils gerade die Seiten in Beziehungen etc. „vorschicken“ kann, die am hilfreichsten wirken können;
  • die diversen „Seiten“ mit Hilfe einer optimalen Steuerungsinstanz zu einem flexiblen und kraftvollen Team machen kann;
  • so auch seine privaten Beziehungen z.B. spielerisch als „polygame Monogamie“ bereichern kann, denn in einer Partnerschaft begegnen sich jeweils quasi in beiden PartnerInnen zwei ganze „Vereine“, die immer wieder die spannende Frage aufwerfen, wer gerade wem begegnet.

 

Wolfgang Schmidbauer:
Mobbing

Wenn einer der vielen Konflikte des Berufslebens mit dem Begriff „Mobbing“ angegangen wird, kann diese Begriffswahl ebenso das Problem verschleiern wie dazu beitragen, es zu klären. Wer sich gekränkt fühlt ohne einzusehen, dass er zur Entstehung der Kränkung beiträgt, kann mit Hilfe des Mobbing-Begriffs seine Opferposition stärken; wer angesichts von Problemen mit einem Mitarbeiter diesen des Mobbings „nach oben“ verdächtigt, kann eigene Führungsschwächen und Unklarheiten verschleiern. Das Berufsleben ist ein Training im Ertragen von Bedürfnisaufschub und damit auch in der Verarbeitung von Kränkungen. In Zeiten, in denen Berufstätige angemessene Möglichkeiten haben, sich zu erholen, in denen sie ihre Arbeit als sinnvoll und erfolgreich erleben und den Eindruck haben, von ihrer Umwelt – in Organisationen: von Kollegen und Vorgesetzten – ausreichend bestätigt zu werden, gelingt es den meisten auch, Kränkungen zu verarbeiten, Aggressionen zu neutralisieren, sich gegenseitig das für den Betriebsfrieden unentbehrliche Maß an Bestätigung zu gewähren.
Wenn diese Situation kippt und eine Organisation unter erhöhten Druck gerät, werden diese stabilisierenden Prozesse erschwert. Häufig steigern die Folgen den ohnehin bestehenden Druck noch weiter.
In dem Seminar soll dieses Problem unter institutionsanalytischen und narzissmustheoretischen Aspekten vertieft werden.

Literatur:
Schmidbauer, W. (2004). Persönlichkeit und Menschenführung. Vom Umgang mit sich und mit anderen, München: DTV.

Kölscher Abend mit Stadtrundfahrt

Wir planen eine Führung durch das abendliche Köln in einem für uns reservierten Bus. Anschließend wollen wir in ein typisch kölsches Lokal einkehren. Der Preis für Busrundfahrt und das erste Getränk wird circa 20 Euro betragen (das hängt von der Anzahl der Anmeldungen ab).

Programm Sonntag, 04.11.2007

Vorträge

Wolfgang Schmidbauer:
Burnout bei Psychotherapeuten

Wie alle sozialen Berufe sind auch Therapeuten davon bedroht, dass die emotionalen Fundamente ihrer Berufsarbeit durch diese beschädigt werden und sie sich nicht mehr mit der gebotenen Empathie und „gleichschwebenden Aufmerksamkeit“ (S. Freud) ihren Patienten zuwenden können. Über spezifische Gefahren des Therapeutenberufs und Möglichkeiten einer Prophylaxe soll es in dem Vortrag gehen.

Literatur: 
Kernberg, O.F., Dulz, B., Eckert, J. (Hrg.)(2005). WIR: Psychotherapeuten über sich und ihren „unmöglichen“ Beruf, Stuttgart: Schattauer.

Hans-Dieter Dumpert:
Schlussreload

Wenn einem nach etlichen Workshops, Vorträgen, kollegialen und sonstigen Gesprächen das Sortieren schwer fällt, sehnt man sich vielleicht nach einer lockeren Zusammenfassung dessen, was so alles „geladen“ worden ist. Hier wird sie versucht.

Podiumsdiskussion

Empirisch fundierte Psychotherapie – Therapieschulen und ihre Zukunft

Moderation: Dieter Wälte
Teilnehmer: Martin Hautzinger, Arne Hofmann, Michael Linden, Jochen Peichl, Ralf Pukrop, Rainer Sachse, Wolfgang Schmidbauer

Workshops

Martin Hautzinger:
Kognitive VT bei Depressionen im Alter

Der Anteil älterer Menschen (Alter definiert als Personen über 65 Jahren) in der Bevölkerung steigt. Diese Bevölkerungsgruppe mit ihren spezifischen Besonderheiten (Multimorbidität) gehört bereits zu der das Gesundheitssystem am häufigsten und intensivsten nutzenden Gruppen. Das gilt (noch) nicht für Psychotherapie. Hier sind ältere Patienten in der Minderheit, obgleich es inzwischen einige erwiesen wirksame psychologische Angebote für Störungen im höheren Lebensalter gibt. Psychotherapie mit älteren Patienten ist jedoch möglich, zunehmend üblich, doch längst nicht selbstverständlich. Die Ursachen der psychischen Erkrankungen werden bei älteren Patienten viel eher in organischen und irreversiblen Faktoren als bei jüngeren Patienten gesehen. Entsprechend wird in unberechtigter Weise angenommen, dass die Erfolgsprognose schlecht sei, da selbst erworbene Muster als so überlernt angesehen werden, dass einer Veränderung in der verbliebenen Lebenszeit nicht mehr gelingen könne. Trotz der vorherrschenden gerontologischen Forschungsergebnisse zur fortbestehenden Kompetenz und Plastizität des Gehirns im Alter gelingt eine Abkehr vom Defizitmodell des Alterns nur mühsam. Dabei sind es nicht nur die Kliniker, die den überholten Vorurteilen anhängen; auch viele ältere Menschen wissen von der Möglichkeit nichts oder wollen nichts davon wissen. Trotz der wachsenden Bereitschaft von Psychotherapeuten, ältere Menschen zu behandeln, suchen diese noch nicht um die verfügbaren Möglichkeiten nach.
Ziel der Veranstaltung ist es, mit erfolgreichen psychologischen Interventionsangeboten für ältere Patienten konkret bekannt zu machen. Im Mittelpunkt stehen depressive Erkrankungen und deren psychologisches Verständnis sowie die Behandlungsmöglichkeiten im ambulanten und stationären Rahmen. Es soll – wenn Zeit bleibt und Interesse besteht – außerdem noch auf Interventionen bei depressiven Störungen in Folge eines Schlaganfalls sowie mit pflegenden Angehörigen eingegangen werden.

Arne Hofmann:
Neue Wege in der Psychotraumatherapie

EMDR ist eine von Dr. Francine Shapiro in den 90er Jahren entwickelte, hoch wirksame traumabearbeitende Psychotherapiemethode, die 2006 vom wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie anerkannt wurde. Das Vorgehen in der EMDR-Methode folgt acht fest umschriebenen Phasen und dem sog. Standardprotokoll. Diesem fokussierten Vorgehen der Traumabearbeitung geht selbstverständlich eine umfassende Diagnostik und Indikationsstellung und die Herstellung einer tragfähigen therapeutischen Beziehung voraus. EMDR ist dabei gut integrierbar in die Behandlungspläne der verschiedenen Psychotherapieverfahren. Der dynamisch-behaviorale Ansatz von EMDR wird mit seinen Forschungsergebnissen und klinischen Anwendungen auch an Beispielen der Teilnehmer diskutiert werden. Ziel des Workshops ist es, den Teilnehmern einen praxisorientierten Überblick über die Methode zu geben.

Ralf Pukrop:
Internationale Entwicklungen in der Diagnostik und Therapie von Persönlichkeitsstörungen

Das DSM-V wirft seine Schatten voraus. Insbesondere das Konzept der Persönlichkeitsstörungen (PS) unterliegt dabei einem deutlichen Wandel. Der Workshop informiert über die vielfältigen neuen Erkenntnisse der letzten 10 Jahre auf internationalem Parkett und setzt sie in Beziehung zu der diagnostischen und therapeutischen Arbeit in der Praxis. Viele Teilbereiche können durch kleine praktische Übungseinheiten ergänzt werden, um die Umsetzung und Integration in das eigene therapeutische Handeln zu inspirieren. Die Beispiele entstammen dem gesamten Bereich der Persönlichkeitsauffälligkeiten und keineswegs nur der sonst überrepräsentierten Borderline PS. Dabei werden keine schulen- oder einseitig theorieabhängigen Konzepte, sondern ein buntes, empirisch begründetes Panoptikum präsentiert, das sich nichtsdestotrotz an einem systematisch geknüpften roten Faden anordnen und zu einer Einheit zusammenfügen lässt. 

Wolfgang Schmidbauer:
„Therapy on demand“ bei narzisstischen Störungen

Personen mit gestörtem Selbstgefühl schwanken zwischen manischer Grandiosität und depressiven Vernichtungsphantasien. In einer Psychotherapie erhoffen sie sich häufig, dass der Behandler ihnen hilft, ihre unrealistischen Vorstellungen über grandiose Erfolge im Beruf oder in ihren Liebesbeziehungen zu verwirklichen. Therapeuten, welche diese Situation nicht erkennen und unrealistische Versprechungen machen, geraten in Gefahr, durch das Konzept eines nach Abschluss der Therapie zu erwartenden „therapeutischen Erfolges“ Vermeidungs- und Erwartungshaltungen während der Behandlung eher zu festigen als aufzulösen. Angesichts von Personen, bei denen eine oder mehrere erfolgsorientierte Behandlungen gescheitert sind, empfiehlt der Autor eine bedarfsorientierte Behandlung mit variabler Frequenz und der Möglichkeit, in akuten Krisen kurzfristig klärende Hilfe zu beanspruchen, ohne sich zu einer regelmäßigen Arbeit zu verpflichten.
Die Teilnehmer sollen eigene Fälle einbringen; diskutiert werden technische Probleme und Gegenübertragungsaspekte.

Literatur:
Schmidbauer, W. (2005). Therapy on Demand. Narzissmus und bedarfsorientierte Psychotherapie, Düsseldorf: Walter-Verlag.

Rainer Sachse:
Therapie der histrionischen Persönlichkeitsstörung

Klienten mit histrionischen Persönlichkeitsstörungen stellen Therapeuten oft vor sehr schwierige therapeutische, insbesondere interaktionelle Probleme. Diese Probleme sollen im Workshop analysiert werden und es sollen dafür therapeutische Strategien vorgestellt werden, mit deren Hilfe Therapeuten zu einer tragfähigen Beziehung gelangen und den Klienten effektiv helfen können. Besondere Bedeutung hat die Erarbeitung von Strategien zum Umgang mit "schwierigen Interaktions-Situationen" wie: Forderungen an den Therapeuten stellen, den Therapeuten kritisieren, Unzufriedenheit kommunizieren, die oft als "Interaktionstests" verwendet werden und auf die Therapeuten oft hilflos oder ungünstig reagieren.

Gunthard Weber:
Keiner ist allein krank. - Symptom- und Krankheitsaufstellungen: Ein alternativer Zugang zum Verständnis und zur Behandlung bzw. Verarbeitung längerfristiger Beschwerden

Symptom- und Krankheitsaufstellungen vermitteln ein besonderes kontextuelles Verständnis körperlicher Beschwerden und weisen auf oft ungewöhnlich eindrucksvolle Weise auf Zusammenhänge von längerfristigen Beschwerden mit traumatischen Lebenssituationen und schweren Schicksalen hin bzw. auf Schuld oder Ausklammerungen von Familienmitgliedern (auch in früheren Generationen).
In diesem Workshop werden solche Dynamiken dargestellt, die Hintergründe und Vorgehensweisen erklärt und - wenn Anliegen aus dem Kreis der TeilnehmerInnen vorliegen - zwei Symptom- bzw. Krankheitsaufstellungen demonstriert. Wenn gewünscht wird über ein internationales Forschungsprojekt zu dieser Thematik berichtet.

Tagungsflyer

Den Tagungsflyer mit dem vollständigen Programm zu den Kölner Therapietagen 2007 können Sie hier als PDF herunterladen.
Kölner Therapietage 2007 Tagungsflyer Tagungsflyer 2007 (PDF, 0,2 MB)